Die "Alte St. Remigiuskirche", das Wahrzeichen der Gemeinde
So wie sich die ehemalige Pfarrkirche am Berghang auf dem Friedhof heute darbietet, handelt es sich eigentlich „nur“ noch um den aus dem Jahre 1498 stammenden spätgotischen rippengewölbten Chorraum sowie um die Überreste des Turmes. Nach Oster („Geschichte der Pfarreien“) und Wackenroder („Kunstdenkmäler derRheinprovinz“) stammt der Turm aus frühgotischer Zeit und schloss als sogenannter „Ostturm“ das dreijochige, kreuzgewölbte Langschiff ab. In späterer Zeit muss der Turm durchbrochen worden sein, um einen kleinen Chorraum anzubauen. Die mit Kalk vermörtelten Bruchstein-Mauerreste dieses alten Baues wurden 2001 bei Renovierungsarbeiten gefunden.
Wie aus alten Urkunden belegt, wurde dieser alte Chorraum 1498 durch den noch heute vorhandenen Bau ersetzt. Um die Finanzierung gab es zwischen der Priorissin des Klosters Niederprüm und dem Kirchspiel (=Pfarrei) Pronsfeld einen urkundlich belegten heftigen Streit. Aus den Akten geht hervor, dass ein Friedrich Leigendecker am 31.12.1515 erklärte, dass 1498 das „Kirspel“ von Pronsfeld einen „Nuwen Koir merer von widen und breyder dan gewest uffgericht“ ( Die Pfarrei Pronsfeld habe 1498 einen neuen Chor errichtet, der weiter und breiter sei als der bisher vorhandene.)
In den folgenden Jahrhunderten mussten die Pronsfelder sich immer wieder um den Erhalt ihrer Kirche mühen und sorgen. 1570 werden Reparaturen angemahnt, 1613 heißt es, das Kirchenschiff sei ruinös, 1712 wird der schlechte Zustand und das Fehlen von Fenstern beklagt, 1730 wird die Kirche als „collapsa“ bezeichnet.
1738 wurde die Kirche renoviert und erhielt im Wesentlichen die Gestalt, wie sie bis 1921 erhalten blieb: Der Turm saß zwischen den hohen Dächern von Chor und Langschiff, und nur der mit Schiefern gedeckte Turmhelm ragte hervor. Obwohl sich im Laufe der Jahre das Dorf immer mehr ins Tal verlagerte, blieb die Kirche oberhalb des Dorfes bis 1921 die offizielle Pfarrkirche.
Die Schnitte durch die Kirche zeigen die Aufteilung, wie sie von 1738 bis 1921
bestand.
Da sich die Wohnbebauung des Dorfes im Laufe derZeit immer weiter von der Kirche weg talwärts verschob, wurde bereits 1686 eine Kapelle an der Stelle errichtet, an der sich die heutige Pfarrkirche befindet. Auch das Pfarrhaus wurde „unten im Dorf“ gebaut. Nach und nach verlagerte sich der Gottesdienst in die Kapelle (St.Antonius) im Dorf, da für die Gläubigen wie auch für den Pfarrer der steile, schlecht ausgebaute Weg zur Bergkirche sehr beschwerlich war. 1885 wurde die "Dorfkapelle" wegen Baufälligkeit geschlossen und 1887 abgerissen.1889 erbaute man eine neue größere Kapelle. Diese wurde dann wiederum 1921 zur neuen Pfarrkirche um- und ausgebaut. Das Langhaus der alten Kirche wurde abgerissen und das brauchbare Material beim Neubau der Kirche im Dorf verwandt. Die „alte“ Kirche auf dem Berg bestand nunmehr nur noch aus dem Turm und dem Chorraum. (Bild )
Im 2.Weltkrieg wurde insbesondere der Turm von Artilleriegeschossen getroffen und schwer geschädigt. Da die neue Pfarrkirche im Dorf wegen großer Kriegsschäden nicht benutzt werden konnte, fanden die Gottesdienste unmittelbar nach Kriegsende zunächst noch eine Zeitlang in der alten Kirche statt. 1948 stürzte jedoch der instabile Turm und weitere Gebäudeteile ein. Zum Glück kam niemand bei diesem Ereignis zu Schaden.
1956 entschloss man sich, die Ruine des Turmes zu sichern und den Chorraum als Mahnmal für die Gefallenen, Vermissten und Zivilopfer der Pfarrgemeinde zu gestalten. In Sandsteintafeln wurden die Namen der Gefallenen, der Vermissten und der Zivilopfer des 1. und des 2. Weltkrieges eingemeißelt. Der Altar wurde mit Sandsteinplatten verkleidet, in die reliefartig ein Bild der Madonna von Stalingrad eingearbeitet wurde. Das Bild, das als Vorlage diente, hatte der Arzt Kurt Reuber Weihnachten 1942 im Kessel von Stalingrad gezeichnet.
So erfuhr die alte Kirche als Mahnmal und Wahrzeichen der Gemeinde eine neue sinnvolle Bedeutung. Nach einer Renovierung 1980 wurde das Bauwerk
1983 als Kulturdenkmal unter Denkmalschutz gestellt.
In Folge der exponierten Lage auf dem Berghang ist das Bauwerk naturgemäß den Witterungseinflüssen sehr stark ausgesetzt. Wind, Regen und Frost schädigten
den Bau im Laufe der Zeit in hohem Maße und eine grundlegende Sanierung wurde unumgänglich, sollte das Wahrzeichen Pronsfeld nicht verfallen.
Um die Gemeinde bei ihren Bemühungen zu unterstützen, wurde 1994 der Förderverein „Alte Kirche“ gegründet. Zahlreiche, beispielhafte Aktionen
des rührigen Vereins machten es möglich, dass nach Zuschüssen des Landes und der Gemeinden die Renovierungsarbeiten im Jahr 2000 in Angriff genommen werden konnten.
Hierbei erbrachten die ehrenamtlich tätigen Mitglieder des Vereins enorme Eigenleistungen z. B. bei der Freilegung des Mauerwerkes, beim Abschlagen des
alten Putze usw. und sorgten so für eine große Kosteneinsparung. Nach umfangreichen Sanierungs- und Restaurierungsarbeiten konnte im September
2002 der Abschluss der Arbeiten mit einem Festakt gefeiert werden.
Auch in Zukunft werden jedoch ständig Maßnahmen zur Erhaltung des Wahrzeichens der Gemeinde erforderlich sein.
Im Chorraum aus der spätgotischen Bauepoche befinden sich 2 Grabplatten. Die aus dem Jahr 1604 stammende Grabplatte des Pastors Barthlomäus Reulandt von
Pronsfeld (Dechant in Kyllburg und Bitburg) ist noch recht gut erhalten. Die in den Boden eingefügte Grabplatte des Pastors Martin Urbani aus dem Jahr 1732 ist
schon stark abgetreten. Sie bedeckt die bei den Renovierungsarbeiten im Innern des Chorraumes gefunden Gebeine und Knochenreste.
Sehenswert ist neben dem Kreuzgewölbe und dem aus Bruchstein gemauerten Altar mit seiner mächtigen Sandsteinplatte auch das Sakramentshäuschen
an der Nordseite des Chores mit der runden Öffnung, dem sogenannten „Okulus“ ( Auge). An den Wänden umrahmen die Gedenktafeln für die Toten der Kriege
eine Darstellung der „Muttergottes von Stalingrad“, die ein Kriegsteilnehmer 1943 im Kessel von Stalingrad zeichnete.